"Elitenwettbewerb und dynamisches Framing: Zwei Fallbeispiele zum agentiven Umgang mit ritueller Rahmung." In: Jungaberle, Henrik & Weinhold, Jan (eds) 2006, Rituale in Bewegung - Rahmungs- und Reflexivitätsprozesse in Kulturen der Gegenwart. Hamburg/Münster/London: LIT (Performanzen, Vol. 11) (ISBN 3-8258-9265-4), p.145-162.
Abstract Dieser Beitrag setzt sich mit dem Phänomen auseinander, dass Rahmung auch bewusst strategisch von gesellschaftlichen Eliten zur Festigung oder zur Etablierung ihres Machtanspruchs eingesetzt werden kann. Bei Taiwans christianisierten Ureinwohnern ringen christliche und im Zuge von Taiwans Nativismus zu Einfluss gelangende traditionalistische Eliten um die Vorherrschaft, indem sie öffentliche Rituale ihren jeweiligen Interessen entsprechend rahmen bzw. „reframen“: So konnte bei den Ami in mehreren Fällen beobachtet werden, wie den üblicherweise von christlichen Gebeten gerahmten „traditionellen“ Jahresriten „authentische“ schamanistische Rituale der Ahnenverehrung vorangestellt wurden, um die Wirkung des gesamten Rituals zu verändern. Bei den Taroko hingegen versuchten christliche Geistliche im Falle der neuerdings populären „Taroko-Ahnengötter-Rituale“, das von Traditionalisten abgehaltene authentische Tieropfer durch lautes Beten zum „allerhöchsten“ Gott in ein „rechtes“ Licht zu rücken. Die Beispiele machen einerseits deutlich, welche Wirkung von rituellen Rahmen ausgeht. Zum anderen können sie aber auch belegen, dass rituelle Agenten durchaus bewusst mit Kontext indizierenden rituellen Sequenzen und Parametern spielen, um Rituale zu „rekontextualisieren“. Wenn in solchen Prozessen besonders Eliten als Initiatoren hervortreten, dann liegt dies nicht zuletzt – so die These – an ihrer intensiven Berührung und Auseinandersetzung mit alternativen Wertsystemen und Handlungsmustern und einer hieraus resultierenden relativierenden Haltung gegenüber dem Normativitätsanspruch der eigenen (seit über 50 Jahren christlichen) Tradition.
Keywords: Elitenwettbewerb und rituelle Rahmung (Framing & Reframing); Wirkung und Ambivalenz ritueller Rahmen. |